Was genau ist Sumpfkalk?
Über Sumpfkalk
Bis etwa zur Mitte des 20. Jahrhunderts war Kalk als Baustoff die erste Wahl. Für Estriche, Mörtel, Putze, Anstriche und Malereien war die Verwendung dieses hervorragenden Materials selbstverständlich. Davon zeugen weltweit kulturhistorische Kostbarkeiten, die trotz widrigster Umstände oft viele Jahrhunderte überdauert haben. Auch wegen dieser Baukultur zieht es uns in den sonnigen Süden, wo wir Fassaden bewundern, die in Würde gealtert ihre Schönheit auf uns abstrahlen.
Viele stehen einer Baustoffindustrie kritisch gegenüber, die für zahlreiche heute auftretende Probleme scheinbar Lösungen parat hält und doch immer wieder nur Probleme schafft. Die Rückbesinnung auf qualitätvolles Bauen sollte dazu führen, dass wir aus den Erfahrungen der Vergangenheit lernen und Produkte bereitstellen, die bewährte Materialien für unsere Gegenwart und Zukunft nutzbar machen. Dazu gehört Sumpfkalk, der für abriebfeste Innen- und Außenanstriche geeignet ist. Mit gutem Kalk und gutem Willen sind wir in der Lage, wie in der Vergangenheit, Anstriche anzufertigen, die uns überdauern.
Was macht einen hochwertigen Sumpfkalk aus?
Das Ausgangsmaterial
Erforderlich ist Kalkstein, der einen Reinheitsgrad von mindestens 95 % aufweisen sollte. Verantwortungsvolle Kalkbrenner beschäftigen Geologen und Laboranten, die das garantieren. Für möglichst weißen Sumpfkalk sollte im Gestein wenig färbendes Eisenoxid enthalten sein.
Das Brennmaterial
Zum Kalkbrennen kommen einige Brennstoffe in Betracht. Wichtig ist hier, dass die ausgewählten Brennstoffe keine Schwefelanteile enthalten. Das würde zu Vergipsungen des Kalkes führen. Gips ist wasserlöslich und behindert die Karbonatisierung.
Die Brenntemperatur
Für die Korngröße des späteren Sumpfkalks ist entscheidend, welcher Temperatur das Kalkgestein beim Brennprozeß ausgesetzt ist. Günstige Temperaturen, die kleine Kristallkörnchen hervorbringen sind zu bevorzugen. Das sind Temperaturen unter 1100 °C und über 900 °C. Aus diesem Grund ist auch weicheres, poröseres Ausgangsgestein den härteren, dichteren Materialien vorzuziehen. Sogenannter Marmorkalk ist wegen der zum Brand nötigen hohen Temperaturen tatsächlich nicht unbedingt ein Qualitätsbegriff.
Das Löschwasser
In alten Malerbüchern wird abgeraten, Leitungswasser als Löschwasser zu benutzen. Es wird Regen- oder Flusswasser empfohlen. Ob das heute noch so gültig ist, darüber lässt sich streiten. Unbestritten ist jedoch, dass kohlensäurehaltige Wässer die besten Löschwässer sind. Das ist z. B. bei Gebirgsquellwasser der Fall.
Der Löschprozeß
Nur ein wirklich erfahrener Kalklöscher kann den Löschprozeß so steuern, dass das hinterher entstandene Kalkhydrat die optimalen Eigenschaften aufweist. In der Kalklöschwanne sollte die Temperatur beim Löschprozeß zwischen 80 und 95 °C liegen. Bei Wasserüberschuß ersäuft der Kalk, bei zu wenig Wasser wird er durch die zu hohe Reaktionstemperatur (bis zu 300 °C) verbrennen.
Die Kalkgrube
Nach dem Löschen wird der Kalkbrei in die Grube abgelassen. Diese sollte sauber sein und frostfreie Reifung des Sumpfkalks ermöglichen. Der Kalkbrei muß immer mit Wasser bedeckt sein. Nur so kann er seine Qualität kontinuierlich verbessern.
Das Alter
Mörtel kann man getrost mit frisch gelöschtem Kalk anmischen. Je weiter außen die Auftragsschicht z. B. beim Dreilagenputz liegt, um so besser sollte die Qualität des Sumpfkalks sein. Für Anstriche, an die besonders hohe Anforderungen an Abrieb- und Bewitterungsfestigkeit gestellt werden, sollte nur gut abgelagerter Grubenkalk (ab 2 Jahre) verwendet werden.
Beim Reifungsprozeß werden die Kalkpartikel immer kleiner. Das erhöht die Plastizität (Erleichterung der Verarbeitbarkeit) und verbessert die Abbindeeigenschaften.